Wörterbuch Euromaidan
Wörterbuch der Revolution der Würde

Euromaidan A-Z

Am 21. November 2013 begann in Kiew der Maidan, auch Euromaidan oder „Revolution der Würde" genannt, und mündete in massive friedliche Proteste in der gesamten Ukraine.
Foto: gursky.com.ua
Der Maidan ist der Hauptplatz von Kiew. Als sich die Revolution entfaltete, wurde damit begonnen, ohne Unterbrechung zu demonstrieren, wofür eine Zeltstadt auf dem Maidan errichtet wurde. Unten finden Sie mehrere Bilder von dieser Zeltstadt. Setzen Sie sich und erinnern Sie sich mit uns zusammen an die damalige Zeit.
Regenschirme, Tee, Kaffee, gute Laune und Freunde – Dieser Satz ließ die Ukrainer nicht gleichgültig. Mustafa Nayyem (zum damaligen Zeitpunkt Journalist bei „Ukrainska Prawda") rief am 21. November 2013 mit diesen Worten dazu auf, auf den Maidan zu kommen, um gegen die Nichtunterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU zu protestieren.
Quelle: focus.ua

Awtomaidan – Automaidan, Teilnehmer des Euromaidan, die mit Autos innerhalb der Stadt Patrouille fuhren oder sie bei Protestaktionen nutzten. So zum Beispiel bei der Fahrt zum Wohnsitz von Janukowitsch und anderen Amtspersonen.
Quelle: durdom.in.ua

Asirowka – Abgeleitet von Asarow, dem damaligen Ministerpräsidenten der Ukraine und eine Verballhornung seiner Sprache. Bei seinen Versuchen, die Staatssprache Ukrainisch zu sprechen, hörte es sich oftmals sehr seltsam an. Seine Aussprache erinnerte an eine Mischung aus Ukrainisch, Russisch und Belorussisch.
Quelle: Новая Газета

Berkut – Steinadler. Aufgelöste Sondereinheit der Polizei, die für die öffentliche Sicherheit zuständig war, aber faktisch auf Menschen schoss und die Demonstranten vom Maidan vertrieb.
Barrikaden und Wälle – Sie begrenzten und schützten das Gebiet des Maidan. Die Ausmaße der Barrikaden wechselten während der Zeit des Maidan. Sie erstreckten sich an der Kreuzung Chreschtschatik / Bohdan Chmelnyzkyj, sowie am Europäischen Platz. Anfangs bestanden sie bei den Temperaturen unter Null aus Schnee und Eis, später dann aus Türen und Brettern, bis hin zu Bänken und Metallstangen. An den Barrikaden hatten Demonstranten „Dienst", der organisiert war.

Quelle: klymenko.in.ua
Quelle: censor.net

Stella oder Oxana – Die Demonstranten nannten die Stele auf dem Maidan so, eine kürzere Bezeichnung für das Denkmal der Unabhängigkeit
Quelle: vgolos.com.ua

Brukiwka – Pflastersteine. Ab dem 19. Januar 2014, nach den ersten Zusammenstößen in der Hruschewskoho-Straße, nutzten die Demonstranten Pflastersteine als Wurfgeschosse. Zuerst nahmen nur gewaltbereite Demonstranten Pflastersteine in die Hand, wobei dies unter den eher friedlich gestimmten Demonstranten auf Missbilligung fiel. Erst in den letzten drei Tagen, vom 18. bis 20. Februar, nahmen praktisch alle Demonstranten, die auf dem Platz waren, Pflastersteine in die Hand und brannten Reifen nieder.
Quelle: Reuters

Molotow-Cocktail – Eine explosive Mischung, die von den Demonstranten in den gewalttätigen Phasen des Protests zum Schutz vor Angriffen der „Berkut" genutzt wurde.
Diktatorengesetze – Am 16. Januar 2014 übernahm das ukrainische Parlament ein Gesetzespaket, das so genannt wurde. Die Abstimmungsregeln wurden dabei völlig umgangen. Die „Partei der Regionen", die die Parlamentsmehrheit bildete, stimmte für das Gesetz, indem der Parteivorsitzende seine Hand hob, was als „dafür" galt. Diese Gesetze schränkten die Bürgerrechte massiv ein und gewährten den Staatsorganen größeren Handlungsspielraum bei der Bestrafung von Teilnehmern der Protestaktionen. Ziel war, die Opposition und Zivilgesellschaft zu kriminalisieren. Der Beschluss dieser Gesetze war eine Reaktion der Staatsmacht auf die zivilen Massenproteste. Unter anderem war es damit verboten, zu den Wohnsitzen von Beamten zu fahren. Allerdings ließen sich die Menschen nicht durch diese Gesetze einschüchtern. Vielmehr riefen sie eine neue Welle der Unzufriedenheit hervor und trugen in bedeutendem Maß zu den ersten gewalttätigen Handlungen seitens entschlossener Demonstranten auf dem Maidan in der Hruschewskoho-Straße bei.

Quelle: Radio Liberty
Quelle: publizyst.blogspot.com

Botschka – Fass. Leere Treibstoffkanister, die als „Heizgeräte" dienten. In ihnen wurde Holz verbrannt, damit sich die Demonstranten bei Temperaturen unter 20 Grad aufwärmen konnten.
Quelle: bigmir.net

Drowa – Brennholz. Es wurde sowohl von Betrieben in großen Mengen gebracht, als auch von einzelnen Bürgern in kleinen. Es sind Fälle bekannt, dass die Polizei Autos anhielt, die Brennholz zum Maidan transportierten.
Quelle: dumskaya.net

Petschenki Gosdepa – Gebäck für Staatsangelegenheit. Während des Maidan wurde von den Demonstranten kostenlos Gebäck verteilt, weshalb die Aktivisten angeblich auf den Maidan kamen. Danach wurde dieser Ausdruck auch für NGOs genutzt, die nicht für Änderungen im Land arbeiteten, sondern zum persönlichen Vorteil.
Quelle: hyser.com.ua

Extremist – So wurden die ukrainischen Demonstranten genannt, die staatliche Medien und Politiker überwachten, welche das Regime von Janukowitsch unterstützten.
Kaska – Helm. Bauhelme als grundlegender Kopfschutz der Demonstranten, die oftmals kunstvoll bemalt wurden.

Quelle: kyiv.ridna.ua
Quelle: zn.ua

Kulja v Lob – „Kopfschuss". Eine epische Aussage von Arsenij Jazenjuk während eines Auftritts auf der Bühne des Maidan. Er meinte, dass wenn die Staatsmacht nicht die Forderungen der Demonstranten erfüllt und die „Gesetze vom 16. Januar" zurücknimmt, werden die Demonstranten das Regierungsviertel stürmen, egal, was dann komme, selbst wenn es Tote geben würde.
Quelle: censor.net

Koljaska Timoschenko – Der Rollstuhl von Timoschenko. Als Janukowitsch aus dem Land floh, kam auch die politische Gefangene Julia Timoschenko frei. Bei ihrem ersten öffentlichen Auftritt saß sie in einem Rollstuhl. Gleichzeitig hatte sie Schuhe mit hohen Absätzen an, was überhaupt nicht zu einer Kranken passte, die in einem Rollstuhl sitzt. Nach diesem Vorfall bezichtigten Aktivisten sie der Lüge über ihren schlechten Gesundheitszustand.
Prawyj Sektor – „Rechter Sektor". Eine Gesellschaftsbewegung, die sich mit dem Beginn des Euromaidan bildete. Grund für deren Entstehung war, dass die Oppositionsführer unterschiedliche Sichtweisen über die Ziele des Euromaidan hatten. Der „Rechte Sektor" vereinte Aktivisten von radikalen ukrainischen Organisationen, die hauptsächlich aus dem nationalistischen und äußerst rechten Rand stammten. Grundlage waren die rechten Organisationen „Trysub" (Dreizack, Wappen der Ukraine) und „Belyj Molot" (Weißer Hammer).

Quelle: Radio Liberty
Quelle: modagoda.com

Polewaja Kuchnja – Feldküche. Solche gab es auf dem ganzen Maidan, sowie im Gewerkschaftshaus, im Ukrainischen Haus und im Kiewer Rathaus. Es gab auch Feldküchen unter freiem Himmel, wie zum Beispiel am Denkmal der Unabhängigkeit. Das Essen war vielseitig – von einfach mit Wurst und Käse belegten Broten über Suppen bis Brei. Oft gab es auch warmen Tee, aber ohne Alkohol, der streng verboten war.
Quelle: jankoy.org.ua

Sotnja – Hundertschaft. Die Menschen auf dem Maidan organisierten sich in sogenannten Hundertschaften. Der Name bezieht sich auf militärische Einheiten der Kosaken. Die ersten Hundertschaften wurden für Verteidigungszwecke zusammengestellt. Manche Hundertschaften waren nach dem Territorialprinzip organisiert, indem sich Personen aus einer Region vereinten. Andere schlossen sich nach ihrer Tätigkeit zusammen, wie zum Beispiel die Medizinische oder Informations-Hundertschaft. Die Hundertschaften bildeten die Selbstverteidigung des Maidan, die auch in der Stadt patrouillierten und für die Sicherheit zuständig waren.
Quelle: gazeta.ua

Schina – Reifen. Die Demonstranten benutzten Reifen, um damit Barrikaden zu bauen, bzw. sie als Zeichen des Protests zu verbrennen. Später wurde der Begriff zu einem geflügelten Wort: "Gehen wir mal Reifen brennen", was soviel bedeutete wie: "Laß uns protestieren."
Wetsche – „Volksversammlung". So wurden die wöchentlichen Versammlungen auf dem Maidan genannt, wo die Demonstranten die aktuelle Situation besprachen, sowie weitere Protestaktionen und Handlungen. Die erste „Volksversammlung" fand am 1. Dezember nach der gewaltsamen Vertreibung von Studenten auf dem Maidan statt.

Quelle: volynnews.com
Quelle: korrespondent.net

Orks – Aus „Der Herr der Ringe", die dem Bösen dienen. So wurden die Anhänger von Janukowitsch und die Mitglieder von „Berkut" genannt.

Quelle: espresso.tv

Tituschki – Abgeleitet von Wadim Tituschki, der im Sommer 2013 nach einem bezahlten Übergriff auf die Journalisten Olga Snizartschuk und Wladislaw Sodelij „verherrlicht" wurde. Zu Zeiten des Maidan wurden junge Leute mit sportlichem Körperbau so bezeichnet. Sie wurden dafür bezahlt, um am Anti-Maidan oder politischen Aktionen mit dem Ziel teilzunehmen, die Demonstranten auf dem Maidan zu vertreiben oder zu provozieren. Sie wurden auch 200-Hryvna-Ritter genannt. Manche Tituschkis hatten Schlagstöcke, nichttödliche Waffen oder Messer. Diese jungen Leute entstammten oft kriminellen Kreisen.
Quelle: zn.ua

Trituschki – Anspielung auf Tituschki. Das Trio Jazenjuk, Klitschko und Tjanibok wurde so genannt, weil sie mit Janukowitsch im Namen des Maidan verhandelten.

Jolka – „Weihnachtsbaum". Zu Beginn der Proteste versuchte die Kiewer Stadtverwaltung auf dem Maidan den traditionellen Weihnachtsbaum aufzustellen und nahm dies als Begründung, die Demonstranten durch Gewaltanwendung der „Berkut" zu verjagen. Doch als tausende Demonstranten auf die Straßen gingen, konnte der Weihnachtsbaum nicht fertiggestellt werden, so dass nur das Metallskelett blieb. Dieses wurde von den Demonstranten mit Plakaten und Losungen verzierten und ergab eine Art Volkskunstobjekt.
Quelle: vilingstore.net

Solotoj Unitas – Vergoldetes Klo. Ein Symbol des schlechten Geschmacks von Janukowitsch. Er klaute so viel, dass sogar seine Kloschüssel aus Gold sein müsste. Tatsächlich fanden die Maidan-Aktivisten nach der Flucht von Janukowitsch nicht dieses legendäre Klo in Meschyhirja, seinem Wohnsitz.
Quelle:Ipress.ua oleksandr.aronets/facebook.com

Solotoj Baton – „Goldener Brotleib". Ein weiteres Symbol für das Regime von Janukowitsch. Nach dessen Flucht wurde an seinem Wohnsitz ein aus Gold nachgebildeter Brotleib des in der Ukraine populären Brots (Baton) gefunden. Der Leib wog zirka zwei Kilogramm.

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